
Embolisation
Die gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse (benigne Prostatahyperplasie, BPH) ist die häufigste gutartige Tumorerkrankung des Mannes und tritt vornehmlich im fortgeschrittenen Lebensalter auf. Mehr als die Hälfte aller Männer über 55 Jahre haben eine derartige Organvergrößerung, im Alter von 70 Jahren bereits 70 Prozent. Allerdings entwickelt davon nur knapp ein Drittel Symptome, die die Lebensqualität beeinträchtigen.
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Prostata-Arterienembolisation (PAE)
Die Behandlung einer symptomatischen BPH erfolgt zunächst medikamentös, wodurch sich gerade milde Beschwerden gut kontrollieren lassen. Reicht eine solche Behandlung nicht aus, wird in der Regel empfohlen, Teile der Prostata operativ zu entfernen. Die PAE liefert für diese Fälle eine neue, minimal-invasive Behandlungsalternative zur operativen Therapie.
Wie wirkt die PAE?
Die PAE unterbricht den Blutfluss der prostataversorgenden Arterien. Hierfür werden kleinste Kunststoffpartikel über einen dünnen Katheter, so das vergrößerte Teile nicht mehr versorgt werden und eine Schrumpfung einsetzt.
Welche Ziele hat die PAE?
Ziel der PAE ist, das Volumen der gutartig vergrößerten Prostata so zu verringern, dass die typischen Beschwerden wie vermehrter und verlängerter Harndrang vermindert oder beseitigt werden. Bei drei von vier Patienten führt die Therapie zu einer raschen und anhaltenden Symptomverbesserung.
Welchen Patienten raten wir zur PAE?
Eine PAE kommt für alle Männer in Frage, die unter den Folgen einer gutartigen Vergrößerung der Prostata leiden – seien es bloß symptomatische Beschwerden, wie bei vermehrtem Harndrang, abgeschwächtem Harnstrahl und langem Nachtröpfeln des Urins; oder seien es ernsthafte Folgeerkrankungen, wenn der Patient die Blase nicht mehr völlständig entleeren kann, bei Überlaufinkontinenz, bei einer Schädigung der Nieren aufgrund des chronischen Rückstaus des Urins oder bei wiederholten Harnwegsinfektionen, verursacht durch die Harnabflussbehinderung.
Zudem kann die PAE eine Alternative für Patienten sein, die die typischen Folgen einer herkömmlichen transurethralen Resektion (TURP) wie retrograder (rückwärtsgerichteter) Resektion ablehnen. Zudem kann Sie vor allem bei sehr großen Drüsen über 80 ml, die typischerweise durch eine offene Operation behandelt würden eine schonende Alternative darstellen.
Wie läuft die PAE ab?

Vorher
Zunächst stellen wir sicher, dass die Beschwerden tatsächlich durch eine BPH verursacht werden. Hierfür werden die typischen Symptome per Fragebogen erfasst und ausgewertet. Es wird die Flussdynamik beim Wasserlassen untersucht und die Prostatavergrößerung mittels Ultraschall oder Magnetresonanztomographie (MRT) dokumentiert.
Darüber hinaus müssen wir ein bösartiges Prostatakarzinom ausschließen, da dieses eine gänzlich andere Therapie erfordern würde. Hierfür bestimmen wird die Konzentration des Prostataspezifischen Antigens im Blut (PSA-Wert). Falls der PSA-Wert erhöht ist – was manchmal auch bei einer (gutartigen) BPH vorkommt – präzisieren wir den Befund mittels MRT und ggf. Biopsie.
Für die Planung einer möglichst sicheren und schonenden PAE erfolgt zudem die exakte Darstellung der Beckengefäße und speziell der Gefäße, die die Prostata ver- und entsorgen, zum Beispiel durch MRT oder CT.
Die genaue Voruntersuchung gibt uns auch Auskunft, inwieweit die Gefäße verkalkt sind. In Fällen starker Verkalkung ist die PAE nicht erfolgsversprechend.
Während
Für die Behandlung werden die Patienten 3 bis 5 Tage stationär aufgenommen.
Über eine circa 2 mm kleine Punktion in der Leiste gelangt man mit einem dünnen Katheter in die Gefäße zu den Beckenorganen und von dort mit einem noch feineren Katheter (circa 1 mm Durchmesser) in die Gefäßäste, die die Prostata mit Blut versorgen. Unter Röntgenkontrolle wird die korrekte Position sichergestellt. Anschließend werden kleinste Kunststoffpartikel in die versorgenden Gefäße der vergrößerten Prostata eingeschwemmt, wodurch der Blutfluss unterbrochen wird.
Vor, während und nach dem Eingriff erhalten die Patienten Medikamente, die einen möglichst schmerzfreien Eingriff gewährleisten sollen. Auf eine Narkose und die damit verbundenen Risiken kann bei der PAE verzichtet werden.
Nachher
Nach der Therapie erfassen wir die verbliebenen Symptome mittels eines standardisierten Fragebogens, wie er auch vor der PAE verwendet wurde, und vergleichen sie mit den Ausgangswerten.
Etwa die Hälfte der Patienten zeigt bereits zum Zeitpunkt der Entlassung eine deutliche Verbesserung der Symptome, nach 4 bis 6 Wochen lässt sich der Erfolg der Behandlung dann sicher bewerten.
Zur wissenschaftlichen Auswertung der Ergebnisse dieses neuen Behandlungsverfahrens führen wir eine weitere MRT der Prostata auf freiwilliger Basis zur Bestimmung der Größenänderung durch.
Mit welchen Komplikationen muss der Patient rechnen?
Nebenwirkungen der Therapie sind selten und in den überwiegenden Fällen leicht zu behandeln. Dazu zählen leichte Schmerzen oder ein brennendes Gefühl in der Harnröhre oder dem Anus während der Embolisation trotz der Schmerzmedikation (bei circa 9 Prozent der Patienten), Harnwegsinfekte, die sich gut antibiotisch behandeln lassen (bei 7 bis 8 Prozent), oder ein akuter Harnverhalt (bei 2 bis 3 Prozent), der mittels kurzzeitiger Einlage eines Harnblasenkatheters überwunden werden kann.
Weitere, seltenere Nebenwirkungen sind Blut im Urin, im Ejakulat oder geringe Blutauflagerungen auf dem Stuhl für einige Tage nach der PAE.
Hinzu kommen die allgemeinen Risiken einer Katheteruntersuchung, wie ein Hämatom (Nachblutung) an der Punktionsstelle in der Leiste oder eine Kontrastmittelunverträglichkeit. Aufgrund der gründlichen Vorbereitung auf die Behandlung und einer sorgfältigen Nachbetreuung bleiben diese Komplikationen jedoch die Ausnahme.
Im Gegensatz zu den operativen Behandlungsoptionen sind bislang keine kurz- oder langfristig nachteiligen Effekte auf die sexuelle Potenz oder die Kontinenz beschrieben worden. Da viele Patienten ihre Medikamente absetzen können, wird zudem des öfteren über eine Steigerung der Erektionsfähigkeit berichtet.
Fallbeispiel

Abbildung 1: Ansicht von vorne auf Prostata eines 55 jährigen Patienten mit typischen Veränderungen einer gutartigen Prostata-Vergrößerung, die Übergangszone um die Harnröhre ist stark verbreitert (Pfeile). Aufgrund wiederkehrender Harnverhalte hat der Patient einen Blasenkatheter (Stern).

Abbildung 2 a: Angiografie des Patienten. Ein Führkatheter wurde in die linke innere Beckenarterie gebracht (Stern), durch diesen ein feiner Mikrokatheter in die Prostata-versorgenden Artieren (schmaler Pfeil). Die Blutgefäße innerhalb der Prostata wurde mit großen Pfeilen markiert.
Abbildung 2 b: Nach Embolisation stellen sich die kleinen Gefäße innerhalb der Prostata nicht mehr dar (großer Pfeil). Die Hauptgefäße sind jedoch weiterhin durchblutet (kleine Pfeile) um eine Versorgung der übrigen Organe zu gewährleisten. Anschließend wurden noch die rechtsseitig die Prostata versorgenden Gefäße embolisiert.
Literatur
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- Pisco JM, Rio Tinto H, Campos Pinheiro L, et al. Embolisation of prostatic arteries as treatment of moderate to severe lower urinary symptoms (LUTS) secondary to benign hyperplasia: results of short- and mid-term follow-up. Eur Radiol 2013; 23: 2561–2572
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